– Eine Betrachtung von Horst Stockhaus –
Im nachstehenden Artikel berufe ich mich auszugsweise auf die Ausführungen von Dr. Brämer, wissenschaftlicher Angestellter und Lehrbeauftragter für Bildungssoziologie und Pädagogik an der Universität Marburg, der sich intensiv mit dem Thema Wandern beschäftigt hat. Wandern hat zum Teil einen negativen Ruf. Es herrscht die Meinung vor, dass es sich dabei um eine überholte Freizeitaktivität handelt, die überwiegend von folklorehaft kostümierten Altwandervögeln ausgeübt wird. In Wirklichkeit ist jedoch nicht nur die Wanderkluft einem anderen Outfit gewichen. Das Wandern nimmt trotz ständig zunehmender Konkurrenz auf dem Freizeitmarkt nach wie vor eine Spitzenposition unter den Freiluftaktivitäten ein. So bekennen sich nach Befragungen nicht weniger als die Hälfte der Bundesbürger zum Wandern, jeder sechste ist sogar häufig unterwegs. Unter Mittel- und Hochgebirgsurlaubern machen sich zwei Drittel bis drei Viertel regelmäßig auf die Beine und selbst jeder dritte Jugendliche wandert nach eigenen Angaben gerne. Es ist die Sportmedizin, die sich angesichts der immer fragwürdigeren Folgen des Leistungssports zunehmend den sanfteren Ausdauersportarten zuwendet und dabei Erstaunliches zu Tage fördert. Dies geschieht vor dem Hintergrund eines sich verändernden Sportverständnisses, demzufolge der moderne Mensch weniger um persönliche Höchstleistungen als vor allem um der eigenen Fitness und Gesundheit willen aktiv ist. Demgegenüber wird der Leistungssport nur von einer Elite betrieben, die sich zwar höchster Medienaufmerksamkeit erfreut, dabei aber durchaus wissen müsste, wofür sie Körper und Gesundheit aufs Spiel setzt. Dieser Umorientierungsprozess wird nicht zuletzt durch die Erkenntnis beschleunigt, dass Gesundheit und Lebensdauer des Menschen in erster Linie von einem regelmäßigen körperlichen Energieverbrauch abhängen. Wer pro Woche allein für Bewegung zwischen 2000 bis 3000 Kalorien verbraucht, erholt sich schneller, erkrankt seltener (z. B. Kreislauferkrankungen, Gelenkerkrankungen, Atemwegserkrankungen und sogar Krebs).
Der zivilisationsbedingte Bewegungsmangel ist mittlerweile einer der größten gesundheitlichen Risikofaktoren, er steht dem Rauchen an negativen Folgewirkungen in nichts nach. Wir müssen also zusätzlich etwas tun, um in Form zu bleiben.
Da bietet sich das Wandern als ideales Medium an. Es ist so gut wie nebenwirkungsfrei, nicht auf aufwendige Ausrüstungen oder Einrichtungen angewiesen und hat mit Natur und Landschaft weit mehr zu bieten als die Maschinensäle der Fitnesszentren. Wer einmal die optimale Mischung aus Naturgenuss, Fitnesstraining, körperlicher Herausforderung, psychischem Wohlbefinden, Bewegungsfreiheit, Entdeckerfreude und menschlicher Nähe erfahren hat, der schwört darauf und bleibt dabei. Da das Gehen den größten Teil der Muskeln beansprucht, kommt außerdem ein relativ hoher Kalorienverbrauch zusammen, rund 50 pro Kilometer, gut 200 in der Stunde. Wer in mittelgebirgigem Gelände bei wechselnder Wegequalität 30 km zurücklegt, betreibt in etwa den gleichen Energieaufwand wie ein Marathonläufer. Im Gegensatz zum Joggen, das auf längere Sicht die Gefahr von Nebenwirkungen, insbesondere Gelenkschädigungen, nach sich zieht, wirkt sich das Wandern überwiegend positiv aus, stabilisiert das Immunsystem und kann bis ins hohe Alter betrieben werden. Das Wandern erzeugt eine angenehme Grundstimmung, die sich in der Regel bereits nach kurzer Zeit einstellt. Welcher Wanderer hat nicht schon jenes fast tranceartige Gefühl nach stundenlangem gleichmäßigem Gehen erlebt. Wesentliche Wirkungsfaktoren sind neben der körperlichen Harmonisierung und psychischen Entkrampfung auch der selbstbewusstseinssteigernde Effekt und die besonderen gruppendynamischen Bedingungen des Wanderns. Außerdem bietet die schöne Umgebung, wie die gemeinsame Anstrengung, ständig Anlass zu gemeinsamer Kommunikation. In einer Zeit zunehmender Bindungslosigkeit können allein hierdurch wesentliche Defizite kompensiert werden. Nimmt man das beruhigende Körper- und Naturerlebnis hinzu, so scheint es fast, als ließen sich teilweise therapeutische Maßnahmen einschließlich des fatalen Griffs zur Seelenpille ersetzen. Dies alles rezept- und nebenwirkungsfrei ohne großen Kostenaufwand. Darum lautet unsere Devise:
Mach mit, bleib fit, beim Wandern, dem sanften Natursport.
Der Verschönerungsverein Lintorf ist dafür der richtige Ansprechpartner.